Setting: Wohnblock
Clues: Flügel, Schaf, Enthusiasmus, Teppichboden, Gewürznelke
Das Schaf im Garten
Clues: Flügel, Schaf, Enthusiasmus, Teppichboden, Gewürznelke
Das Schaf im Garten
Etwa
500 Meter entfernt der kleinen Dreizimmerwohnung des kleinen
Wohnblocks, in dem Heiner schon seit dreiundzwanzig Jahren mit
seiner Frau Helga zuhause ist, stand Heiner an einem schönen
Frühlingstag in seinem gut gepflegten Schrebergarten.
Er
staunte nicht schlecht, denn an diesem Tag geschah etwas
Außergewöhnliches.
Als
Heiner, wie an fast jedem frühen Morgen, sein Gartenschloss öffnete
und eintrat, stand vor ihm, friedlich den jungen Feldsalat auf dem
kleinen Acker kauend, ein Schaf.
Heiner
kratzte sich am Kopf. Links und Rechts bemerkte er nichts
Ungewöhnliches. Die Zäune waren heil und kein Trampelpfad verriet,
woher dieses Schaf den Weg in seinen Garten gefunden hatte.
Heiner
war kein impulsiver Mensch und er war stets bemüht, rational an die
Dinge heranzutreten.
So
ging er, nachdem er seine erste Verwunderung überstanden hatte, in
den Schuppen und holte ein langes Tau.
Langsam
schritt er auf das Tier zu, welches zwar zu ihm aufschaute, aber sich
nicht vom fressen abhalten ließ. Bereitwillig ließ es sich den
Strick umlegen und zögerte auch nur kurz, als Heiner es sachte von
seinem Acker führte und an dem Kirschbaum anband, welcher groß und
weiß blühend neben seiner Gartenlaube stand und diese überragte.
Das
Schaf begann unverzüglich innerhalb seiner Reichweite an dem
saftigen, aber kurzgeschnittenem Gras zu knabbern.
Heiner
beschloss erst einmal Heim zu gehen und den Fall mit seiner Frau
Helga zu besprechen.
An
der Eingangstür seines Wohnblocks kam ihm die Nachbarstochter
entgegen. Liliane hieß sie, oder so ähnlich. Er konnte mit diesen
modernen Namen nichts anfangen.
Er
bemerkte, dass ein junger Mann ihr folgte.
Heiner
nickte ihnen kurz zu und schritt hinter ihnen durch die Tür und
klingelte im Erdgeschoss an seiner eigenen Haustür.
Helga
öffnete ihm.
Heiner
zog sich die Schuhe aus und sah seiner Frau hinterher, die schon
wieder in der Küche verschwunden war.
„Heini“
ertönte ihre helle Stimme.
„Du
glaubst nicht was hier heute los war! Türen haben geknallt und die
Frau Franken von Oben ist ausgezogen! Aber wie! Großes Geschrei!
Ihren Mann hat das alles nicht gejuckt, der hat ihr noch
hinterhergerufen, dass sie Milch mitbringen soll. Kannst du dir das
vorstellen? Also die Frau schrie draußen noch herum, dass sie ihn
nie wieder sehen wolle und dass sie ihre Kinder abholen würde!“
Helga
wirkte sichtlich erregt und sie hörte nicht einmal auf zu sprechen,
als sie begann den Teppichboden im Wohnzimmer zu staubsaugen.
Heiner
verstand nur etwas von „Schande“ und „Was soll aus den Kindern
werden“. Er überlegte kurz den Stecker des Staubsaugers zu ziehen,
um Helga endlich von seiner Entdeckung im Garten berichten zu können,
aber er verwarf diese Idee und beschloss seine Frau nicht noch mehr
aufzuregen.
In
diesem Moment schaltete Helga den Staubsauger aus. „Meinst du, ich
soll der Frau Franken mal die Karten lesen? Ich glaub das kann ihr
helfen den richtigen Weg zu finden. So geht das doch nicht!“
„Mmh
mmh“ antwortet Heiner. Er hielt nicht soviel von dem Enthusiasmus,
den seine Frau spirituellen Dingen entgegen brachte. Heiner wusste
aber auch, dass Helga diese Leidenschaft brauchte. Seitdem ihr
einziges Kind vor vielen Jahren bei einem Verkehrsunfall starb, war
Helga nicht mehr dieselbe. Nach langer Zeit der Trauer und
Depressionen fing sie an sich mit Engeln und Übersinnlichen zu
beschäftigen.
Heiner
schaute sich in der Stube um. Auf jedem Regal saßen sie, kleine und
größere Engel für verschiedene Lebensbereiche und Bedeutungen und
bei vielen waren die Flügel golden. Helga putze ihre Engel täglich
und sie blinkten vor Sauberkeit und Unschuld.
Seitdem
seine Frau anderen die Karten legte, war sie regelrecht aufgeblüht.
Sie hatte einen kleinen Kreis von Frauen die sich regelmäßig bei
Helga trafen, dort bekam sie Anerkennung.
Heiner
schaute aus dem Fenster.
„Da
ist sie ja“ er blickte sich nach seiner Frau um. „Helga die Frau
Franken sitzt draußen vor der Garage und scheint zu weinen.“
Helga
schaute aus dem Fenster.
„Ach
das arme Ding, jetzt tut sie mir Leid! Ich werde sie herein beten!“
Und
Heiner beobachtete wie seine Frau, die Frau von Oben, energisch und
ohne Zulassung einer Ablehnung, in die Wohnung zog.
Frau
Franken ergab sich schließlich ihrem Schicksal und fand sich kurze
Zeit später am Küchentisch von Heiner und Helga wieder. Helga
stellte ihr einen Becher Kaffee hin, aromatisiert mit Gewürznelke,
so sollen die Sinne angesprochen und geöffnet werden.
„Mädchen,
Krisen im Leben haben wir alle! Es ist wichtig sich nicht verrückt
machen zu lassen. Du brauchst Orientierung und einen Sinn im Leben!“
Und
schon hatte Helga die Karten auf dem Tisch und setzte sich gegenüber
von Frau Franken. Heiner stand weiterhin am Fenster, schaute heraus
und dachte an das Schaf.
Frau
Franken wusste von Helgas Tätigkeit als Kartenlegerin und Deuterin
und da sie nicht wusste wohin sie könne und sollte, nickte sie
schließlich und schaute auf die Hände von Helga, die gewissentlich
die Karten mischte.
Schließlich
legte Helga drei Stapel Karten vor sich und deckte von jedem Stapel
eine Karte auf. Dann bat sie Frau Franken eine weitere Karte
aufzudecken, sodass vier Spielkarten offen auf dem Tisch lagen.
Heiner riskierte einen kurzen Blick.
Es
lagen: Kreuz 10, Herz Dame, Kreuz Dame und die Pik 9.
„Die
Herz Dame, das sind Sie!“ sagte Helga bestimmt.
„Die
Kreuz 10 steht für eine Nachricht oder eine Neuigkeit. Etwas
Überraschendes. Aber sehen Sie hier! Die Kreuz Dame! Das tut mir
sehr Leid für Sie, dass bedeutet nichts gutes.“
Helga
veränderte sie Reihenfolge der Karten, hinter der Herzdame legte sie
nun die Kreuz 10 und dann die Kreuz Dame.
„Eine
schlechte Nachricht und die hat etwas mit dieser negativen weiblichen
Person zu tun!“
Frau
Franken stutzte und auch Heiner horchte auf.
„Eine
andere Frau? Betrügt er mich etwa? Dieses Schwein, kein Interesse an
mir und zu einer anderen rennen?! Das hätte ich nicht von ihm
gedacht, alles, nur nicht das!“
Frau
Franken fing wieder an zu weinen.
Helga
streichelte ihr über das Haar und deutete auf die letzte Karte.
„Hier
Herzchen, die Pik 9, die bedeutet, dass das Ereignis noch nicht
eingetreten ist und auch erst in unbestimmter Zeit eintritt.“
Frau
Franken schaute verwirrt auf die Karte.
„Also
hat er mich noch gar nicht betrogen?“
Helga
seufzte. „Nein aber er wird, das steht leider fest.“
Heiner
räuspert sich und zur großen Überraschung seiner Frau sagt er:
„Oder
die Frau ist ein Schaf.“
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